Alles Bio oder was?
Was braucht digitales Content Markting, um wirklich nachhaltig zu sein? Dieser Frage ist das Content Marketing Forum nachgegangen und hat dafür mehrere CMF-Mitglieder befragt – darunter tabmag, Alice Interactive und Kammann Rossi. Das Fazit: Nur digitale Produkte zu erstellen und zu veröffentlichen, reicht bei Weitem nicht aus, um digitales Content Marketing als „nachhaltig“ zu bezeichnen. Es bedarf weit mehr – beispielsweise Photovoltaikanlagen, finanzielles Engagement im Naturschutz und grüne Server.
„Als wir BIOHOST im Jahr 2006 gegründet haben, gab es kein Webhosting mit Ökostrom. Unser Anspruch war es, ein Angebot zu schaffen, das Servicequalität und Nachhaltigkeit verbindet und trotzdem bezahlbar ist.“ Lars-Helge Wilbrandt unterstützt Betreibende von digitalem Content Marketing dabei, so grün wie möglich arbeiten zu können. Natürlich würden seine Server nicht auf Bäumen wachsen und man würde auch nicht mit dem Pflug durch das Datacenter fahren, aber „wir bemühen uns, das Maximum an Nachhaltigkeit umzusetzen“. Nachhaltiges Webhosting: Was ist das eigentlich genau? Wilbrand sagt dazu: „In unseren Augen bedarf es mehr als einer optimierten Energieeffizienz und dem Einsatz von Ökostrom. Nur wenige und sehr große Anbieter betreiben in der Regel eigene Datacenter. Die meisten haben ihre Server auf angemieteten Flächen in kommerziellen Datacentern stehen. In diesem Fall muss man nehmen, was angeboten wird, das heißt, man bekommt vielleicht einen Ökostrom-Tarif, hat aber gar keinen Einfluss darauf, wo der Betreiber den Strom kauft und welche Nachhaltigkeitskriterien er erfüllt.“
Ökostrom: bei der tabmag GmbH ein Teil des Umweltschutz-Engagements
„Wir haben uns vorgenommen, den CO2 Fußabdruck unseres Unternehmens zu verringern. Dafür setzen wir schon seit vielen Jahren auf Ökostrom. 2023 wird auf unserem Firmengebäude eine Photovoltaikanlage installiert. Zudem wird das Gebäude dann per Wärmepumpe geheizt. So werden wir in der Energieversorgung zu großen Teilen autark sein und auf fossile Energieträger verzichten können“, erzählt tabmag GmbH Geschäftsführer Thorsten Ewert. Damit nicht genug. Man befinde sich zur Zeit in guten Gesprächen mit einem bundesweit agierenden Naturschutzverband, der er sich zur Aufgabe gemacht hat, Wälder zu schützen und zu renaturieren, so Ewert. „Hier werden wir uns engagieren und konkret Baumpflanzungen in unserer Region unterstützen. Die Menge der gepflanzten Bäume soll sich an unserem Umsatz orientieren.“ Wie das im Detail aussehen wird, darüber würde derzeit gesprochen.
Papierloses Büro, digitale Korrespondenz, Meetings und kreative Arbeitsprozesse: bei CMF Mitglied tabmag nicht erst seit Covid gelebter Alltag. Damit Nachhaltigkeit nicht nur eine leere Floskel ist, ist es laut Alice Interactive GmbH Geschäftsführer Georg Kaindl wichtig, „den Veränderungsprozess aktiv zu managen“. „Nicht jede Veränderung wird funktionieren oder sich als praktikabel erweisen. Hier von Anfang an auch die Bereitschaft zum Schritt zurück, zum Suchen von Alternativen zu propagieren, nimmt viel – auch soziale – Spannung heraus, die sich vielleicht ergeben mag. Das Vermitteln und Normalisieren des Nachhaltigkeitsgedankens ist wichtig, damit es dauerhaft klappt – „Nachhaltigkeit als „Verordnung“ funktioniert nicht. Wirklich funktionieren tut es genau dann, wenn der Punkt erreicht ist, wo niemand mehr darüber spricht, sondern jeder einfach macht“, so Kaindl.
Prozessoptimierung gleich Nachhaltigkeit – Wunsch oder Wahrheit?
Digitale Technologien verändern nicht nur das Leben als solches, sondern auch die einzelnen Bausteine des Lebens – darunter Medien die wir täglich konsumieren. Doch sind digitale Content Marketing Maßnahmen und Produkte immer gleich umweltfreundlich? Für Viola Kirchhoefer, geschäftsführende Gesellschafterin der Kammann Rossi GmbH, lautet das Schlagwort „digitale Verantwortung“: „Wir engagieren uns im Rahmen des Corporate Digital Responsibility Labs des Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (BVDW) für eine digitale nachhaltige Zukunft.“. Die Mitglieder des BVDW haben 2020 ein CDR-Framework erarbeitet, so genannte CDR Building-Bloxx. „Als Unternehmen integrieren wir soziale und ökologische Belange in unsere Geschäftstätigkeit und in die Interaktion mit unseren Stakeholder:innen. Dabei geht es um einen freiwilligen Beitrag der Wirtschaft zu einer ethischen und nachhaltigen digitalen Entwicklung. Für eine Zukunft mit großer digitaler Verantwortung.“
Konzerne sind seit geraumer Zeit verpflichtet, jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen. Agenturen waren davon bis dato ausgeschlossen. Eine neue EU-Richtlinie stellt die Agenturbranche jetzt vor einen Umbruch. Kirchhoefer: „Mit der neuen EU-Richtlinie wird die Pflicht der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf kapitalmarktorientierte mittlere und kleinere Unternehmen ausgeweitet. Diese Anforderungen werden von den Unternehmen an ihre Lieferkette weitergegeben.“ Heißt: auch an Agenturen. „Kleine und mittelständische Dienstleister sind ab sofort gefragt, sich so schnell wie möglich mit den Mindestanforderungen im Nachhaltigkeitsbereich auseinander zu setzen“, so Kirchhoefer weiter. „Eine Agentur die das verschläft, wird eventuell zu bestimmten Pitches gar nicht mehr eingeladen. Und wenn, dann vielleicht schon viel früher wieder ausgeladen.“ Bei Kammann Rossi setzt man seit 2021 auf ein Rating von Ecovadis, das eine breite Palette an nicht-finanziellen Managementsystemen abdeckt – darunter Auswirkungen auf die Umwelt, Arbeits- und Menschenrechte, Ethik und nachhaltige Beschaffung.
Grüner dreht`s noch – im nächsten CMF Blog
Weniger Flugmeilen, weniger Fleisch, weniger Fahrten mit dem Auto: Auch die deutsche Filmbranche will klimafreundlicher werden und ihre Produktionen nachhaltiger gestalten. Grüne Dreharbeiten gelten als die Zukunft beim Film. Das CMF spricht mit Chiara Noack, Green Consultant für Film und TV – mehr dazu in Kürze auf dem CMF Blog.