Frei oder gratis – wie Verträge aussehen müssen, um Unternehmen und Freelancer vor Scheinselbständigkeit zu schützen

Die Gefahren und Folgen der Scheinselbständigkeit, sie lauern auch dann, wenn Verträge zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vorliegen. Aber: Es gibt Vertragsklauseln, die schaden können und den Verdacht einer Scheinselbständigkeit erst recht fördern. Und es gibt, im Gegenzug, Inhalte und Formulierungen, die nützlich sein können. 

Alexander Forssman ist Rechtsanwalt mit Kanzlei in München. Im Rahmen eines für CMF-Mitglieder exklusiven Webinars informierte er im März über Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Agenturen und Freelancern, um eine Scheinselbständigkeit vor Beginn einer Zusammenarbeit so gut wie möglich auszuschließen.

Wer gilt überhaupt als „Freier Mitarbeiter“? 

Forssman definiert einen Freien Mitarbeiter wie folgt: 

„Freie Mitarbeiter:innen sind selbständige Arbeitskräfte, die aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags Aufträge von in der Regel mehreren Auftraggebern selbständig und in der Regel persönlich ausführen, ohne in das Unternehmen des Auftraggebers eingegliedert zu sein.“

Wer als Freelancer Verträge mit dem auftragegebenden Unternehmen oder der Auftrags-Agentur abschließt – und umgekehrt! –, sollte dringend auf den Inhalt achten: „Entscheidend ist, was drin ist, nicht was drauf steht“, so Forssman.

Werkvertrag versus Dienstvertrag: Der Unterschied liegt im Detail.

Freiberufler und Unternehmer die als Einzelperson tätig sind, sind häufig im Rahmen eines Dienstvertrags oder als Werkunternehmer beauftragt. Beide Vertragsarten haben Vor- und Nachteile und unterscheiden sich rechtlich deutlich voneinander. 

Die Faustformel lautet: Während beim Werkvertrag der Erfolg als Ergebnis gewertet wird, ist dies beim Dienstvertrag die reine Leistung. Ein Erfolg ist hier nicht zwingend notwendig. 

Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB)

„… wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“

  • Arbeitsleistung, kein Erfolg – „Dienst“
  • (Projekt-)Leitung beim Auftraggeber
  • Kein Weisungsrecht
  • Keine Abnahme

Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB)

„… wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.“

  • Herstellung des vereinbarten Werkes, nicht nur Arbeitsleistung – „Erfolg“
  • (Projekt-)Leitung beim Freelancer
  • Kein Weisungsrecht
  • Abnahme
  • Werk?
  • Festpreisvertrag?

So kann beispielsweise ein Recherche-Auftrag im Rahmen eines Dienstvertrages vollzogen werden. Ein Dienstleistungsvertrag dreht sich immer um eine bestimmte Arbeitsleistung. Als weiteres Beispiel kann hier die Leistung eines Anwalts genannt werden. Die Vertragsvereinbarung verpflichtet den Anwalt dazu, seinen Mandaten vor Gericht zu vertreten. Der Prozessgewinn gehört nicht zu den vertraglichen Verpflichtungen. 

Wer den Auftrag zur Erstellung einer Website ausführt, schließt rechtlich gesehen einen Werkvertrag ab. Ein Werk ist auch die Entwicklung eines Softwareprogramms oder der Bau eines Hauses.

Der Münchner Rechtsanwalt Alexander Forssman rät Unternehmen und Freelancer, vor Beginn der Zusammenarbeit einen Vertrag aufzusetzen, „um Risiken korrekt zu verteilen und Interessen zum Ausgleich zu bringen.“ 

Freelancer und Unternehmen: Vorsicht beim Werkvertrag

Weil viele Tätigkeiten von Angestellten sich als „Werke“ definieren lassen, müssen Selbständige oder Kleinunternehmer und Unternehmen wie Agenturen bei Abschluss eines Werkvertrags Sorge tragen, dass eben dieser nicht in einer Scheinselbständigkeit endet.

Vertragsinhalt: „Entscheidend ist, was drin steht“

Leistung, Vergütung, die Regeln der Zusammenarbeit – all das sollten Verträge zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zwingend enthalten. Dabei ist es dienlich, die Leistung so konkret wie möglich aufzuführen, Zeitraum und Fristen zu nennen und ein Pflichtenheft zu integrieren. Vertraglich festgehalten werden sollte auch die Art der Vergütung: Hat man sich auf einen Festpreis geeinigt? Wird nach Aufwand bezahlt? Wie gestalten sich die Modalitäten der Abrechnung? 

Des Weiteren rät Forssman, in Verträgen Haftung- und Gewährleistung, Urheber- und Nutzungsrechte, Vertraulichkeit und Geheimhaltung sowie Zusammenarbeit und Mitwirkungspflichten rechtlich abzusichern. Auch Konkurrenzschutz, Abwerbe-Verbot, AGB-Schutzklausel, Exklusivität und Stornierung sind wichtige Stichpunkte für eine vertragliche Vereinbarung. 

Verträge sollten laut Forssman im besten Fall schriftlich festgelegt werden: „Einen Vertrag haben Sie sowieso! Warum also nicht schriftlich?!“ 

Weitere, individuelle Fragen zu den Themen „Verträge zwischen Unternehmen und Freelancer“ und „Scheinselbständigkeit“ beantwortet Alexander Forssman im Rahmen der CMF-Mitgliedschaft gerne. CMF-Mitglieder können ihre Anfragen direkt an info@content-marketing-forum.com senden. Die Anfragen werden direkt weitergeleitet.