Zielgruppe Mitarbeiter – Employer Branding und interne Kommunikation
In den letzten Jahren ist es für viele Unternehmen, besonders auch für mittelständische, selbstverständlich geworden, für sich selbst eine Arbeitgebermarke zu kreieren. Im Wettbewerb um die besten oder, genauer gesagt, um die richtigen Mitarbeiter brauchen Unternehmen eine klare Positionierung als Arbeitgeber. Employer Branding setzt auf den Markenwerten eines Unternehmens auf und addiert für Mitarbeiter relevante Aspekte hinzu. So entsteht die markenstrategisch fundierte, interne wie externe Positionierung eines Unternehmens als Arbeitgebermarke und damit als „Employer of Choice˝.
Werte, Selbstverständnis und Kultur des eigenen Unternehmens müssen also erkannt und glaubhaft vermittelt werden. Und diese Haltung gilt es auch zu vertreten. In beispielhafter Art beziehen gerade Chemnitzer Unternehmen Stellung mit dem Slogan „Chemnitz ist weder grau noch braun“. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ porträtierte in den Ausgaben 37 und 39 zwei Unternehmen aus Sachsen. Das Software-Start-up Staffbase engagiert sich in der Chemnitzer Initiative für ein positives Bild der Stadt nach den Ausschreitungen und will Radikalen nicht das Feld überlassen. Der sächsische Uhrenhersteller Nomos Glashütte betrachtet Rassismus als Geschäftsrisiko und bietet jetzt seinen Mitarbeitern Seminare an, in denen sie lernen können mit Pegida und Rechten umzugehen.
Zielgruppe aktuelle Mitarbeiter
Eine derartige Haltung in der Öffentlichkeit zu vertreten, funktioniert in der Außendarstellung von Firmen nur unter Mitwirkung der Mitarbeiter. Tatsächlich reden Mitarbeiter natürlich über ihren Arbeitsplatz, ihren Arbeitgeber und dessen Produkte in der Öffentlichkeit. Damit dies im Sinne des Unternehmens geschieht, muss in der Kommunikation vertrauensvoll, offen, authentisch und wahrheitsgetreu agiert werden.
Deshalb sind die aktuellen Mitarbeiter eine der wichtigsten Zielgruppen für Employer Branding und Employer Reputation. So gewinnt die interne Kommunikation eines Unternehmens zusätzlich an Bedeutung. Tatsächlich spielen die eigenen Leute als authentische Botschafter des Unternehmens eine unschätzbare Rolle für die Unternehmensreputation in der öffentlichen Wahrnehmung – und damit auch im Recruiting.
Praktika als Rekrutierungsinstrument
Vor allem bei Praktika als leider oft unterschätzten Mittel des Recruitings wirkt die Einstellung der Mitarbeiter zu ihrem Arbeitgeber unmittelbar auf potenzielle neue Kollegen.
Der Career Service der Freien Universität Berlin spricht sogar von „Fachkräftesicherung durch Praktika“. Denn Praktikanten lernen nicht nur das Tagesgeschäft kennen, sondern erhalten auch eine exklusive und ungefilterte Innensicht. Interne Kommunikation wird zur externen, wenn interessierte Berufseinsteiger Praktika in Firmen und Organisationen absolvieren. Der Industrieverband VDMA hat für Schülerpraktika mit „talentmaschine.de“ eine entsprechende Azubikampagne losgetreten. Die Idee: „Niemand kann besser für die Ausbildungsberufe eines Unternehmens werben als die eigenen Auszubildenden.“
Auf die Spitze getrieben haben – auf ungewöhnliche Weise – diesen Weg der Nachwuchsgewinnung eine ganze Reihe deutscher Agenturen. Die verbandsübergreifende Employer-Branding-Dachkampagne „Komm in die Agentur“ wurde 2017 von den Agenturverbänden BVDW, CMF, FAMAB, GPRA, GWA und OMG initiiert, um für die vielfältigen Berufe in den Agenturen zu werben und den Nachwuchs für die Branche zu begeistern. Im Mai 2018 wurden 52 Studenten ausgewählt, die seit August in sieben deutschen Städten am achtwöchigen Agentursurfing teilnehmen. Sie machen im Rahmen des Agentursurfings Stopps bei vier verschiedenen Agenturen aus den unterschiedlichsten Bereichen, jeweils zwei Wochen in einer Agentur. Eigentlich zu kurz für ein Praktikum im üblichen Sinn. Dafür gibt es allerdings die Chance, exklusive Einblicke in die Agenturlandschaft zu erhalten und viele Kontakte zu knüpfen.
Employer Branding braucht Owned-Media
Diese sehr unmittelbare persönliche Erfahrung von potenziellen Bewerbern ist eigentlich nicht zu toppen. Aber auch typische Kanäle der internen Kommunikation eignen sich für Employer Branding und die Unterstützung von Rekrutierungsbemühungen.
Derzeit sind Mitarbeiter-Apps ein ganz heißes Thema in vielen Firmen. Lassen sich doch über die vertrauten Funktionalitäten von Apps auch Mitarbeiter digital erreichen, die sonst keinen Zugang zu digitalen Kanälen im Unternehmen haben. Und wer sagt denn, dass die Inhalte dieser Apps immer hinter einer Firewall versteckt sein müssen. Schon 2015 hat der Mobilfunkanbieter Vodafone seine Mitarbeiter-App zu großen Teilen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und nutzt diese Plattform für Employer Branding-Bemühungen.
Auch der Medizintechnikhersteller B.Braun richtet sich mit seiner internen App an Interessenten. In einem eigenen Bereich werden Stellen ausgeschrieben, das Unternehmen vorgestellt, der Imagefilm gezeigt, Markenwerte aufgeführt und Links zur Webseite und zum Karriereportal bereitgestellt. Treiber der Inhalte ist Corporate Human Resources. Klares Ziel ist es, B.Braun als attraktiven Arbeitgeber zu etablieren. Und darüber hinaus dient die App dem Preboarding. Nach Unterschrift des Arbeitsvertrages erhalten die neuen Mitglieder der B.Braun-Familie Nutzername und Passwort und können so auf den internen Teil der App zugreifen.
Neben der konkreten Unterstützung des Recruiting liegt der Wert unternehmenseigener Medien vor allem darin, dass sie helfen, Mitarbeiter zu Botschaftern zu machen, die den guten Ruf des Unternehmens in die Welt tragen. Voraussetzung für ihren Erfolg ist die perfekte Verzahnung von Inhalten und Kanälen. Content Marketing sorgt für inhaltliche Abstimmung und zeitliche Abfolge, die Kongruenz von Botschaften intern wie extern und die Übereinstimmung von direkter persönlicher Kommunikation und von institutionalisierter mediengestützter Kommunikation. Dann nehmen Unternehmen ihre Mitarbeiter mit. Dann gelingt Employer Branding.
Quellen und Lesetipps:
https://www.komm-in-die-agentur.de/agentursurfer-werden/
https://unternehmen.talentmaschine.de/die-kampagne
„Die Zeit“ NR. 37/2018 und „Die Zeit“ NR. 39/2018
Employer Reputation – Das Konzept „Arbeitgebermarke“ neu denken: von Torsten Bittlingmaier / Bernhard Schelenz (Hrsg.), Haufe Fachbuch, 2015